Die Kastratin by Iny Lorentz

Die Kastratin by Iny Lorentz

Autor:Iny Lorentz [Lorentz, Iny]
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783426414880
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-01-17T23:00:00+00:00


IV.

Als Giulia Assumpta von der neuen Wohnung erzählte, war diese mindestens ebenso froh wie ihre Herrin. Die Dienerschaft hatte ihr einigen Klatsch zugetragen, den sie Giulia bisher verschwiegen hatte, um sie vor dem für sie so wichtigen Auftritt in Santa Ursula nicht zu beunruhigen. Jetzt aber quoll ihr Mund über. Angeblich hatte Paolo Gonzaga die Dame des Hauses mittlerweile davon überzeugen können, dass ein Sänger, selbst wenn es sich um einen bekannten Kastraten handelte, nicht der richtige Umgang für ihre Töchter war, und ganz nebenbei sollte er Vincenzo als Mitgiftjäger bezeichnet haben, vor dem man sich in Acht nehmen müsse. Daher wunderte sich Giulia nicht, als Lucretia Gonfale die Nachricht von ihrem geplantem Auszug sichtlich erleichtert aufnahm. »Ich wollte Euch nicht drängen, Messer Casamonte. Doch Eure Entscheidung kommt mir gelegen. Ich will neues Personal einstellen und bin froh, dass ich wieder über Eure Zimmer verfügen kann.«

Das klang so kalt und selbstzufrieden, dass Giulia davon Abstand nahm, die Dame noch einmal vor Gonzaga zu warnen. Sie hatte ebenfalls ein offenes Ohr für Gerüchte und hatte daher von anderer Seite erfahren, dass Paolo dringend Geld brauchte. In Rom pfiffen es die Spatzen von den Dächern, dass sich einige Mitglieder der Gonzaga-Sippe gegen den regierenden Herzog Guglielmo aus Mantua verschworen hatten. Auch Lucretia Gonfale musste es wissen, denn ihrem Benehmen und ein paar zusammenhanglosen Bemerkungen nach schien sie ihre Tochter Giovanna bereits als Herzogin von Mantua oder wenigstens als Markgräfin von Montferrat zu sehen, das ebenfalls zum Besitz der Gonzagas gehörte. Giulia hielt den Buckligen auf Mantuas Thron jedoch für einen harten Mann, der fähig war, sich gegen seine Verwandtschaft durchzusetzen und sich ihrer rücksichtslos zu entledigen.

So verbeugte sie sich nur vor der Dame, von der sie hoffte, sie so bald nicht wiedersehen zu müssen. »Wir werden Euch für Eure Großzügigkeit ewig zu Dank verpflichtet sein.« Ganz so einfach ließ Lucretia Gonfale sie jedoch nicht gehen. Einen Tag, bevor Giulia und ihre Begleiter ihre neue Wohnung bezogen, veranstaltete sie ein Fest, als dessen Hauptattraktion Giulias Auftritt angekündigt wurde.

Paolo Gonzaga war als Ehrengast geladen und gab sich alle Mühe, den Kastraten und Vincenzo zu ignorieren. Giulia kümmerte es nicht. Sie sang ihre Lieder, unterhielt sich mit einigen Gästen, die ihr sympathisch waren, und zog sich, sobald es ging, in ihr Zimmer zurück. Da das Haus äußerst hellhörig war, ließ der Lärm der Feiernden sie jedoch lange Zeit nicht einschlafen.

Am nächsten Morgen musste sie früh aufstehen und zur Kirche Santa Maria Maggiore eilen. Nach allem, was sie von dem berühmten Komponisten wusste, galt Palestrina, der sich bereits in der Gnadensonne mehrerer Päpste gewärmt hatte, als ebenso genialer wie schwieriger Chormeister. Als Giulia sich vor ihm verneigte, war sie bereit, diese Meinung uneingeschränkt zu teilen. Er war ein hagerer, leicht vornübergebeugter Mann mit ungepflegtem Bart und schief gezogenem Mund, der so säuerlich dreinblickte, als hätte es soeben all seinen Sängern die Stimme verschlagen.

Er starrte Giulia missmutig an. »Was willst du? Komm morgen wieder. Ich hab jetzt keine Zeit für dich.«

»Mein Name ist Casamonte. Seine Eminenz, Bischof della Rocca, hat mich aufgefordert, mich bei Euch zu melden.



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